Gottfried Helnwein Info

Texte und Essays

Abendzeitung,München – 9. September 1997

"Hamletmaschine", 1997

"EIN GUTER MANN"

von Tim Pröse

Der Streit um Helnweins Bühnenbild für die "Hamletmaschine"
Eine Witwe ruft nach Zensur. Mit Gewalt, Hass und der Macht der Diktatur setzt sich die "Hamletmaschine" von Heiner Müller auseinander - so wie auch das Bühnenbild des Wiener Künstlers.
Das passt der Witwe des in schwarzer Totenkopfuniform abgebildeten SS-Mannes nicht. Die Münchnerin Ingeborg Wünsche will das Bühnenbild heute per einstweiliger Verfügung verbieten lassen. Die Muffathallen- Betreiber und deren Anwalt Günter Seefelder aber wollen "bis in die letzte Instanz" gegen die Zensur kämpfen.

Gebannt schaut er seinen Führer an, bewundernd haftet der Blich des SS-Standartenführers Max Wünsche auf Hitler. Gerade hat Wünsche ihm neue Rüstungspläne vorgelegt. Der Diktator studiert sie. Hitler sieht man nicht mehr auf Gottfried Helnweins Ölbild "Epiphanie", dessen Kopie jetzt in der Muffathalle steht - seinen Gefolgsmann und Adjudanten Wünsche schon.

Das Gemälde ist ein Teil des Bühnenbildes von Heiner Müllers "Hamletmaschine", die Gert Hof am 11.9, in der Muffathalle inszeniert. Helnwein verfremdete das historische Foto, malte statt Hitler eine Madonna mit Kind, Acht mal fünf Meter gross wird es gegen Schluss des Stückes auftauchen, dazu ertönt die "'Matthäuspassion: "Gebet acht!" Mit Gewalt, Hass und der Macht der Diktatur setzt sich die "Hamletmaschine" von Heiner Müller auseinander - so wie auch das Bühnenbild des Wiener Künstlers.

Das passt der Witwe des in schwarzer Totenkopfuniform abgebildeten SS-Mannes nicht. Die Münchnerin Ingeborg Wünsche will das Bühnenbild heute per einstweiliger Verfügung verbieten lassen. Die Muffathallen- Betreiber und deren Anwalt Günter Seefelder aber wollen "bis in die letzte Instanz" gegen die Zensur kämpfen. Die Persönlichkeitsrechte ihres Mannes würden durch die Fälschung des Originals auf das äusterste verletzt, sagte Ingeborg Wünsche dem Muffathallenleiter Dietmar Lupfer. Ihr Mann sei"ein guter Mann" gewesen, darauf beharrte sie und drohte Lupfer: Er habe auch noch nach dem Krieg als Rüstungsmanager Karriere gemacht - diese Industrie stehe hinter ihr. Gegen die Darstellung Wünsches mit seinem Führer hätte die Familie nichts gehabt. Unfreiwillig entlarvte sich Witwe Wünsche : auf dem Bild begutachten die Männer ein Kind - das stelle ihren Mann als Rassisten dar.

Gestern antwortete Regisseur Gert Hof den Vorwürfen der Witwe Wünsche. Als DDR-Regisseur war Hof jahrzehntelang ein Stasi-Gehetzter. Nun fühlt er sich an die "Reichskulturkammer" erinnert. "Ich habe mich nicht von der Stasi plattmachen lassen. Den SS- Nachfahren wird es auch nicht gelingen. Helnwein und ich lassen uns von niemanden zensieren.

09.Sep.1997 Abendzeitung,München Tim Pröse